Grenzübergang Ecuador / Kolumbien
28.05.2019 Der Grenzübergang von Ecuador nach Kolumbien war der bisher chaotischste Grenzübergang in Südamerika. Nicht nur, dass sehr viele Menschen in beiden Richtungen die Grenze überqueren, auch die Organisation auf Kolumbianischer Seite ist einfach nur ein Chaos.
Wir kamen an und fragten auf Ecuadorianischer Seite, wo wir unseren T.I.P. (temporary import permission, also Zollpapier für das Auto) abgeben könnten und bekamen die Antwort „dort drüben“, also auf der anderen Seite der Grenze. Angeblich im 2. Stock des Gebäudes. Doch weit gefehlt! Das ist schon Kolumbien und die löschen natürlich keinen T.I.P. von Ecuador. Also erst einmal in Kolumbien herumfragen bis nach einiger Zeit feststand, Peter musste die Grenze nach Ecuador wieder überqueren und dort das Papier stornieren lassen.
Doch in Ecuador ist der Schalter für die Autopapiere durch den Andrang vieler Venezolaner die aus ihrem Land flüchten mittlerweile von der Schnellabfertigung des Zolls zu einem Lagerplatz für alle möglichen Koffer, Taschen, Plastiktüten mit Etiketten mutiert. Die Flüchtlinge bringen eben einiges mit, das dann verzollt werden muss. Nach einer halben Stunde Wartezeit war die Stornierung dann innerhalb einer Minute erledigt.
Die Ausreisestempel stellt sich heraus gibt es (wie schon gedacht) nur, wenn beide anwesend sind. Also wieder nach Kolumbien laufen, Carola holen. Dann wieder nach Ecuador laufen, freundlich lächeln, Ausreisestempel. Dass bei dem Datensatz von Carola in der Passnummer irgendeine Null statt einem „O“ im Computer steht hält den Prozess nur kurz auf. Zum Glück wirken wir wohl immer noch seriös genug.
Mit den abgestempelten Pässen und ohne T.I.P. laufen wir wieder zurück nach Kolumbien (vorher noch Kopien aller möglicher Papiere machen) und versuchen einen neuen T.I.P. für Ecuador zu holen. Doch da stellt sich heraus, erst Pässe mit Einreisestempeln versehen lassen, dann T.I.P.
Wir stellen uns in der ewig langen Schlange mit tausenden Venezolanern an (die angeblich separate Schlange für Venezolaner existiert nicht, alle in einer Schlange) und warten, warten, warten. Als wir dann die heiligen Hallen der Kolumbianischen Einreisebehörde betreten dürfen wieder warten, warten, warten. Diese Grenze ist für Bewohner von Ecuador und Kolumbien eine offene Grenze und nun mit dem Strom der Flüchtlinge völlig überfordert. Was vorher geschmeidig funktionierte erstickt nun im Flüchtlingsstrom. Als wir endlich an der Reihe sind geht es relativ schnell.
Mit den Einreisestempeln im Pass gehen wir wieder zu der Dame für den T.I.P. und auch da geht es trotz einer fehlenden Kopie der Passseite mit dem Stempel relativ schnell. 90 Tage fürs Auto, so wie für uns auch.
Wir gehen zum Auto und bereiten uns schon emotional auf eine intensive Kontrolle vor, doch wir werden einfach durch gewunken. Nicht mal eine Frage. Gut, denn wir haben noch keine Versicherung (ist obligatorisch in Kolumbien, in Ecuador gibt es so etwas nicht) und die besorgen wir in der nächsten Stadt im Supermarkt.
Soweit ging in 2 Stunden dann doch alles gut, doch nun zu der Situation an den Grenzen in Sachen Venezolaner.
Wir hatten das erste Mal mit der Situation Kontakt in Peru als wir von Chile aus einreisten. An der Grenze Zelte des UNHCR und des Roten Kreuzes. Massen an Menschen, die mit wenig Gepäck Hilfe suchten und erhielten. Menschen, denen die Strapazen einer langen und aufreibenden Flucht aus ihrem einst so reichen Land deutlich anzusehen sind. Viele junge Männer und Familien. Praktisch keine alten Menschen für die wahrscheinlich die Strapazen der Flucht zu viel gewesen wären. Ein Bild des Elends, das uns sehr berührt hat. Diese Zelte von Hilfsorganisationen sind an jeder Grenze nordwärts zu finden, denn der Strom von Menschen gen Süden reißt nicht ab.
Sie enden zwar wie oft von uns beobachtet meist als Billigarbeiter ohne Arbeitserlaubnis (wir bekamen in Peru einmal mit, wie ein Venezuelaner am Telefon für eine Bautätigkeit den Tageslohn von 10 Euros verhandelte und am Schluss bei 8 Euros plus einem Mittagessen landete), doch selbst das scheint immer noch besser zu sein als in Venezuela zu bleiben.
Hier im Norden an der Grenze Kolumbien / Ecuador ist auch zu sehen, dass die Menschen noch nicht so ausgemergelt und verbraucht aussehen wie weiter im Süden. Frische Flüchtlinge sozusagen.
Was haben dieser Maduro und sein Vorgänger nur aus dem wunderschönen und reichen Venezuela gemacht? Wir sehen hautnah, wie es Millionen von Menschen (alleine in Kolumbien sind eine Million) aus Venezuela heraustreibt in der Hoffnung der fatalen Situation zu entgehen. In diesem Zusammenhang müssen wir den ganzen Ländern in Südamerika, die von dem Strom an Menschen betroffen sind auch ein großes Lob aussprechen. Es scheint so zu sein, dass die Menschen, die keine andere Chance mehr sehen als ihrem Land zu entkommen in irgendeiner Weise akzeptiert oder zumindest aufgrund der Situation geduldet werden. Hier kommt nach unserem Eindruck die menschliche Komponente der Südamerikaner deutlich zu Tage.
Wir sind gespannt, wie sich die Situation weiter im Norden darstellt. Ob dort noch mehr Flüchtlinge unterwegs sind? Wohl zu erwarten. Auch in Brasilien haben wir erfahren ist die Situation brenzlig in den Grenzregionen. Doch bis wir dort unterwegs sind hoffen wir, dass sich die Situation in Venezuela bessert. Im Moment haben wir den Eindruck egal in welche Richtung es sich irgendwann dreht, besser wird es auf alle Fälle sein für die Menschen.
Eine Anmerkung muss noch sein!
Die Situation hier ist in keinster Weise mit der Situation in Europa zu vergleichen! Hier laufen Menschen auf der Flucht vor dem Elend in die Nachbarstaaten, werfen keine Pässe weg, hier behauptet niemand aus Afrika er sein aus Syrien und hier sind keine Horden von jugendlichen Vergewaltigern unterwegs. Hier sind Menschen zu Fuß auf der Flucht ins nächstgelegene Land die ihre Identität nicht verschleiern. Also bitte liebe Leser, interpretiert diesen Artikel so wie er geschrieben ist. Es geht um die Situation in Südamerika und ist nicht auf Vorkommnisse in Europa zu beziehen.